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Ist eine nachhaltige IT-Beschaffung immer teurer?
Nicht nur die Umwelt, sondern auch Ihr Budget kann profitieren!
In diesem Blog gehen wir darauf ein, was unter nachhaltiger Beschaffung zu verstehen ist, welche Label es für die IT-Beschaffung als mögliche Grundlage für Kriterien gibt und klären, ob Nachhaltigkeit immer ein Kostentreiber sein muss.
Einleitung
Nachhaltigkeit wird oft mit erhöhten Kosten in Verbindung gebracht und in einigen Fällen mag dies zutreffen. Es gibt aber Faktoren, die dazu Gegensteuer leisten:
Innovation in die Beschaffung miteinbeziehen
Heute ist es vielfach so, dass eine Stückliste von Produkten oder Services ausgeschrieben wird mit klaren Produkteanforderungen und vorgegebenen Leistungsmerkmalen. Dies vereinfacht der beschaffenden Stelle die Vergleichbarkeit der Anbieter. Die Anbieter halten sich an dieses starre Korsett und können ihre eigene Innovation nicht immer in Gänze einbringen. Anders gestaltet sich das Ergebnis, wenn eine funktionale Ausschreibung publiziert wird. Darin wird nicht eine konkrete Ware am Markt abgefragt, sondern ein funktionaler Zustand definiert.
In einem konkreten Beispiel wurde nicht eine gewisse Anzahl an Strassenlaternen ausgeschrieben, sondern ein Beleuchtungskonzept für die jeweilige Strasse. Dem Anbieter wurde es selbst überlassen, wie er die Ausleuchtung gestalten wollte. Für die beschaffende Stelle bedeutete dies etwas mehr Aufwand in der Bewertung der verschiedenen Angebote, diente aber der maximalen Innovation und hatte auch positiven Einfluss auf den Preis. Die Lösung war die, dass ein intelligentes Lichtkonzept beschafft wurde, welche die Laternen nur 30 Sekunden anschaltet, sobald ein Auto 30 Meter von der Laterne entfernt ist und danach wieder abschaltet – dadurch wurden Energie und Kosten gespart.
Bedarfsbündelungen in der gesamten Unternehmung
Die Menge macht den Preis, wo möglich sollen Bedarfe zusammengefasst werden. Gerade in grösseren Unternehmungen bestehen dezentrale Beschaffungseinheiten. Erfolgt eine genaue interne Abstimmung kann durch eine grössere Menge bei den Anbietern eine Preisreduktion für alle Bedarfe erfolgen. Eine koordinierte Anlieferung sowie Sammel- anstelle von Einzelverpackungen verbessern die Nachhaltigkeit und Kosten weiter.
Alle Kosten über den Gesamtlebenszyklus bewerten
Nicht immer ist der initiale Anschaffungspreis auch der günstigste auf die ganze Lebensdauer betrachtet. Wichtig ist, die Folgekosten mit den initialen Preisen als Ganzes zu betrachten (TCO=Total Cost of Ownership) um die richtige Wahl zu treffen. So werden Umwelt (lange Lebensdauer) und Wirtschaft (Kosten) zusammengeführt.
Wir haben ein Service Angebot für Sie
Standortbestimmung für Ihre nachhaltige IT-Beschaffung
Nachhaltige IT-Beschaffung: lieber heute als morgen!
Das Thema Nachhaltigkeit hat weltweit in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. In der Privatwirtschaft, wie auch bei Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden wächst die Erwartung, nachhaltige Aspekte in den Beschaffungen zu berücksichtigen. Mit der Revision des öffentlichen Beschaffungsrechtes (revBöB/IVöB) ist die öffentliche Hand sogar dazu verpflichtet worden, nicht mehr dem günstigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen, sondern dem vorteilhaftesten Angebot. Damit wird der Fokus weg von der reinen Preissicht auf die Qualitätsmerkmale einer Lösung geschwenkt (IVÖB2019 Art. 29). Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit als Zuschlagskriterium wird nun explizit gefordert.
Die Nachhaltigkeit wird grob in drei Kategorien unterteilt:
Gesellschaft: Gute Arbeitsbedingungen (GAV, internationale Standards, Arbeitssicherheit, etc.)
In der Praxis kann dies bedeuteten, dass nicht nur die Arbeitsbedingungen des direkten Anbieters abgefragt werden. Die Kriterien sollen für die ganze Lieferkette gelten und Nachweise dazu eingefordert werden.
Wirtschaft: Berücksichtigung Kosten über den gesamten Lebenszyklus und volkswirtschaftliche Bedeutung
In der Praxis kann dies bedeuteten, dass nicht nur die initialen Anschaffungskosten einer Leistung bewertet werden, sondern die Kosten der gesamten Laufzeit, den sogenannten TCO (Total Cost of Owership).
Umwelt: Energie- und Ressourceneffizienz, Recyclings Möglichkeiten/Verpackung, optimaler Nutzungszeitraum
In der Praxis kann dies bedeuten, dass explizite Maximalwerte für Strom- oder Kälteverbrauch vorgegeben werden und ein Minderverbrauch zusätzliche Punkte in der Bewertung erhält.
Nachhaltigkeitszertifizierungen
Damit die einzelnen Kriterien zu Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt nicht vollumfänglich selbst definiert und spezifiziert werden müssen, haben sich in den letzten Jahren verschiedene Labels etabliert. Um die Aussagequalität und den Abdeckungsgrad der eigenen Anforderungen richtige einordnen zu können bedarf es aber einige Zeit und Erfahrung. atrete kann Ihnen helfen das für Sie auf Ihre Strategie passende Label zu finden.
Beispielhaft werden zwei im Markt bekannte Labels nachfolgend kurz erläutert.
TCO Certified
Dieses Zertifikat wurde 1992 gegründet und befindet sich zur Zeit der Erstellung dieses Artikels in der Generation 9. Es ist das weltweit meist verbreitete Label und wird von fast allen Herstellern der IT Branche angewendet für Notebooks, Monitore, Beamer, Server, Storage, Netzwerk und Smartphones. TCO Certified erfüllt die Anforderungen ISO 14024 Umweltzeichen Typ 1. Auf der Webseite https://www.Topten.ch werden für verschiedene Produkte inklusive IT die TCO Zertifikate inkl. Versionsangabe und Zertifikats Nummer angezeigt. Wichtig ist hier schon in der Ausschreibung eine klare Vorgabe zu machen, welche Version des TCO Zertifikat das anzubietende Produkt haben soll. Ebenfalls besteht die Möglichkeit die Produkte auch auf der Webseite https://tcocertified.com/de/product-finder/ zu suchen. Die Datengrundlage ist aber weniger fundiert als auf Topten.ch.
Blauer Engel
Dieses Zertifikat wurde 1978 gegründet. Es ist ein Deutsches Label und in Europa verbreitet und umfasst mehr als 20.000 Produkte und Dienstleistungen von über 1.600 Unternehmen. Die IT bezogenen Produktegruppen umfassen unter anderem Computer, Monitore, Drucker, Server und Storage. Zusätzlich wird ebenfalls Software zertifiziert. Das Siegel für Software sagt aus, dass die Software mit der zu Grunde liegenden Hardware optimal abgestimmt ist, bei einer geringeren Auslastung der Komponenten. Dadurch wird weniger Strom verbraucht und dies verlängert den Lebenszyklus der Hardware. Das Label Blauer Engel erfüllt ebenfalls die Anforderungen ISO 14024 Umweltzeichen Typ 1. Auf der Webseite https://www.blauer-engel.de/de/produkte können Produkte über ein Kategorie-Verzeichnis gesucht werden. Die Datenbankgrundlage ist aber nicht mit TCO Certified resp. Topten.ch vergleichbar in der Anzahl der erfassten Produkte.
Praxisfall mit den Nachhaltigkeitskriterien Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt
atrete hat einen Kunden begleitet in dessen Ausschreibung Smartphones beschafft wurden.
Eine Nachhaltigkeitsvorgabe war, dass die Reparatur in der Schweiz erfolgen muss und die Mehrheit der Teile wieder verwendet werden können.
Kriterium Gesellschaft: Dies bedeutet, dass Arbeitsplätze in der Schweiz bereitgestellt werden und sichergestellt ist, dass die hier geltenden Arbeitsbedingungen im Reparaturprozess eingehalten werden.
Kriterium Wirtschaft: Die Supplychain in der Schweiz für den Reparaturvorgang sowie die Reparatur selbst sichert Menschen ein Einkommen und Arbeitsbeschäftigung. Die Integration des zweiten Arbeitsmarktes ist denkbar.
Kriterium Umwelt: Durch eine lokale Verarbeitung ist die CO2 Bilanz für Transport eines fehlerhaften Gerätes besser, als wenn es ins Ausland gebracht wird. Ebenfalls wurde definiert, dass der Akku austauschbar sein muss, um die Ressourcen zu schonen.
Das Kundenbedürfnis eines lokalen Reparaturservices haben viele Hersteller erkannt und in den letzten Monaten die nationalen Supportorganisationen verstärkt oder haben Partnerschaften im Inland gebildet.
Ein weiterer Trend ist, dass der Kunde immer mehr in die Reparatur eingebunden wird. Mit intelligenten Apps und einfacheren Bauweisen resp. leichterem Zugang zu den einzelnen Komponenten können Reparaturen durch den Kunden selbst getätigt werden.
Unsere Einschätzung
Die Nachhaltigkeit in der IT-Beschaffung wird immer wichtiger. Die IT soll, wo möglich, die bestehenden Richtlinien für Nachhaltigkeit der Unternehmung auf die Beschaffung anwenden. Hier gilt es herauszufinden, welche Ziele durch die IT unterstützt werden können und wo eventuell bewusst Abstand genommen werden soll. Sollte dies der Fall sein, ist eine proaktive Kommunikation gegen innen und evtl. gegen aussen wichtig, um die Reputation der Nachhaltigkeitsstrategie der Unternehmung zu stärken. atrete unterstützt hier in der Bewertung des Einzelfalls mit geeigneten Methoden. Nachhaltiges Beschaffen kann zwar Mehrkosten verursachen, dem kann durch Innovation (funktionale Ausschreibung), Mengenbündelungen und einer Kosten-Betrachtung über die gesamte Lebensdauer entgegengewirkt werden.
Nachhaltigkeit muss also nicht immer gleich gestellt mit Mehrkosten sein. Im Gegenteil – Nachhaltigkeit kann durch Innovation, Mengenbündelungen und TCO Betrachtung sogar den Preis positiv beeinflussen.