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SAFe und ITIL 4 – Gegensätze oder Symbiose?

Oft wird die Frage gestellt, ob im Betriebsumfeld das erfolgreich etablierte Framework ITIL (Information Technology Infrastructure Library) durch SAFe (Scaled Agile Framework) ersetzt werden kann.

von Oliver Strub

Senior Consultant

26. Mai 2021

Im Unterschied zu SAFe bietet ITIL Best Practices Ansätze an, die beschreiben was zu tun ist, um ein erfolgreiches IT Betriebsmodel zu erhalten, jedoch nicht wie eine Umsetzung erfolgen kann. Um die zunehmenden Unternehmensanforderungen an die Agilität auch in der IT Wertschöpfung zu unterstützen, wurde Ende 2019 – ITIL 4 neu veröffentlicht. ITIL hat sich über die letzten Jahre im IT Umfeld mit unterschiedlichen Erfolgen etabliert. Aber wegzudenken ist es nicht mehr.

Was ist eigentlich SAFe?

Mit SAFe steht ein Framework zur Verfügung, welches Unternehmen ermöglicht umfassende agile Strukturen zu implementieren und zu skalieren. SAFe wird eingesetzt, um die Produktivität und Qualität mit agilem Vorgehen zu steigern. Durch die gewonnene Transparenz, kontinuierlichen Erfolge und der Teamarbeit wird unter anderem eine Verbesserung des Mitarbeiterumfelds ermöglicht.

SAFe wurde entwickelt, um Unternehmen dabei zu unterstützen, eine beständige und effizientere Wertschöpfung nach einem regelmässigen und vorhersehbaren Zeitplan zu erhalten. Es bietet eine Wissensbasis bewährter, integrierter Prinzipien und Praktiken zur Unterstützung der Unternehmensagilität.

IT Operation mit SAFe

IT Service Management oder IT Operation wird in SAFe nicht direkt erwähnt. Die ganze Thematik vom «Customer Care», Operation oder Support ist in SAFe in der ganzen Organisation (Methodik), respektive in den Value Streams, eingebettet.

Das ganze Value Stream Konzept ist in SAFe ein kritisches Element und unterliegt dem Lean Thinking Prinzip. Das Identifizieren, Visualisieren und Optimieren von Value Streams ist die primäre Methode, die ein Lean-Unternehmen einsetzt, um die Zeit bis zur Markteinführung zu verkürzen und gleichzeitig die Aktualität, Qualität und den Wert seiner Produkte und Dienstleistungen zu verbessern. Jeder Value Stream stellt die eine Abfolge an Schritten dar, welche das Unternehmen braucht um dem Kunden einen Mehrwert zu liefern. Diese Kunden können extern sowie intern sein.

Um das IT Operations aufzubauen, empfiehlt SAFe den DevOps Ansatz. DevOps Teams können in den dedizierten Value Streams eingebettet werden und somit effizienter die IT Operations Tasks erledigen.
Wenn aber schon ein bestehendes IT Service Management besteht, zum Beispiel nach ITIL, sollte das Unternehmen nicht alles verwerfen. Stattdessen sollten die Prozesse, Services und Organisation analysiert und jeweils in kleinen Schritten optimiert werden. So kann das Unternehmen sich stets neuen Begebenheiten anpassen und sich in Richtung von einem agilen Service Management entwickeln.

In einigen Unternehmen wird nach unserer Erfahrung zum Beispiel zwischen planbaren und nicht-planbaren Arbeiten unterschieden. In einem Support-Umfeld sind planbare Arbeiten, wie zum Beispiel Changemanagement oder Problemmanagement gute Beispiele. Solche Tasks können in einem Backlog aufgenommen werden, priorisiert und in Sprints abgearbeitet werden.

Nicht-planbare Arbeiten wie dringende Kundenanfragen, Incidents, etc. haben meistens eine hohe Dringlichkeit und können nicht in Sprints von z.B. 10 Tagen abgearbeitet werden. Diese nicht-planbaren Arbeiten könnten als agiles Service Management mit einer Methode (z.B. Kanbanboard) kontinuierlich priorisiert und abgearbeitet werden.

Um dem DevOps Gedanken wieder aufzunehmen, können Entwickler die Ressourcen aufteilen und einen Prozentsatz ihrer Zeit in den agilen Teams in der Entwicklung arbeiten und den anderen Teil in den agilen Teams, welche die nicht-planbaren Tasks bearbeiten.

Auf einen Service Desk als Entry Gate für Kundenanliegen, ob intern oder extern, kann wahrscheinlich auch in Zukunft nicht verzichtet werden. Wie diese Anfragen oder Incidents jedoch danach bearbeitet werden, kann ein Unternehmen stetig analysieren und optimieren.

SAFe ITIL 4

IT Service Management wird agil

Mit dem neuen ITIL 4 Framework wir der Schwerpunkt der Betrachtung auf – Wert – Kosten – Risiken gelegt. Das ITIL Wertesystem (Value System) beschreibt neu die Kette von Aktivitäten, die erforderlich sind, um eine Geschäftsmöglichkeit oder Anfrage nach einer Dienstleistung in Geschäftswert umzuwandeln.

Das Service Value System (SVS), ersetzt die bisherige Verwaltung und Lebenszyklus Betrachtung von IT Services. Neu steht die Schaffung von Geschäftswerten durch die IT Organisation und deren Partner im Zentrum, die als Service-Wertschöpfungskette bezeichnet wird. Das SVS beschreibt die fünf Schlüsselkomponenten der Wertschöpfung und die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen.

Von den fünf Schlüsselkomponenten ist die Service-Wertschöpfungskette (Service Value Chain) das Kernelement des Service Value Systems (SVS) und besteht aus sechs generischen Aktivitäten, die den Lebenszyklus von IT-Services bzw. Wertestrom umfassen:

Die Handlungsmaxime im ITIL 4 Framework, bilden die sieben Leitprinzipien denen ITIL Praktiker folgen können und sollten, um die Wertschöpfung für ihre IT-Organisationen voranzutreiben. Diese Leitprinzipien können eine wichtige Rolle bei der Steuerung von IT-Entscheidungen sein und IT-Managern helfen, ihre eigenen Strategien und Schlussfolgerungen zu entwickeln. Die Leitprinzipien sind universell und dauerhaft. Bei Entscheidungen wird ein Referenzieren empfohlen. Sie gehören auch gross ausgedruckt an die Wand bei jedem Service Manager und Praktiker.

Es ist essenziell die Service Beziehungen – Value Co-Creation zu verstehen, also die gemeinsame Wertschöpfung innerhalb einer Service Organisation.

Framework Kombination zur Value Stream-Optimierung im IT Betrieb

Wie oben beschrieben hat ITIL 4 das Fundament gelegt, um IT-Service Management in einer agilen Unternehmensorganisation anzuwenden. Defacto wird ein agiles Framework vorausgesetzt und da bietet sich SAFe mit den Möglichkeiten von Cross-Funktionalen Entwicklungen an, wie man das ITIL Framework umsetzen kann. Umgekehrt hat SAFe keine präzisen Definitionen für ein IT-Betriebsumfeld.

Das Einbinden der Stakeholder von Beginn weg ist die Voraussetzung. Klassische IT-Organisationen denken nach wie vor noch in Silos und betrachten primär nur ihren Teil der Wertschöpfungskette. Die Kundensicht wurde initial bei der Service Definition berücksichtigt, ging jedoch über die Zeit durch verschiedene Anpassungen an Organisation und Zuständigkeiten verloren. Die einzelnen Delivery Teams konnten sich somit nur noch auf sich und ihren mittlerweile unvollständigen Auftrag konzentrieren. Der Service Value beginnt beim Kunden und endet auch wieder bei ihm.

Der DevOps Ansatz im SAFe Framework bietet die Grundlage für die Organisationsstrukturen in Bezug auf Teams. Ziel dabei ist, den Teams durch die Dezentralisierung der Verantwortung die notwendigen Entscheidungsbefugnisse zuzuteilen. Mit den Service Value System-Definitionen von ITIL 4 erfolgt die Steuerung des strukturierten Vorgehens, jeweils unter Berücksichtigung der sieben Leitprinzipien und den Praktiken. Dies mit dem Ziel Wert (Value) für IT Services bzw. Produkte zu generieren.

Kein Unternehmen beginnt bei null. Es ist dringend empfohlen, diejenigen Definitionen oder Vorgehensweisen, die sich bewähren weiter zu nutzen und in die Wertgenerierung einzubinden.
Bei der Einführung von SAFe und/oder ITIL 4 sollte das Unternehmen unbedingt auch in Betracht ziehen, welche bestehenden Methoden oder Frameworks sich im Unternehmen etabliert haben und wie diese traditionellen Methoden mit den agilen Methoden kombiniert werden.

Ein weiteres zentrales Element aus dem klassischen IT Service Management ist der Service Katalog. Die darin beschriebenen IT- und Supporting-Services sind wertvolle Errungenschaften und können in ein Produkte Portfolio der agilen Welt überführt werden. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Harmonisierung der alten und neuen IT Service-Bearbeitung und mit der agilen Vorgehensweise die Wertgenerierung zu verbessern und zu optimieren.

Fazit

Aktuell stehen viele Unternehmen genau vor oder bereits in solch einer Transition in ein agiles Umfeld. Dabei gibt es viele offene Fragen wie und wo starten, wie sind die Framewoks jetzt genau zu verstehen, usw. Wie bereits in der klassischen Welt, gibt es keine Schablone, die 1:1 auf ein Unternehmen gelegt werden kann.

Eine praktische und pragmatische Umsetzung könnte wie folgt aussehen:

Wir empfehlen, die Services, Prozesse, Organisation und Zuständigkeiten genau zu analysieren und eine verständliche Übersicht zu erstellen. Durch den Dialog mit den Stakeholdern und vor allem den IT-Bezügern die Differenzierung zu erarbeiten und in Bewährtes und nicht Bewährtes abzuleiten. Daraus sollte sich erfahrungsgemäss ein umfassender Produkte-Backlog ableiten lassen und bildet einen qualifizierten Startpunkt.

Agile Transformation über die ganze Organisation auf einmal umzusetzen, birgt oft auch hohe Risiken. Um das Risiko zu reduzieren wäre es sinnvoll in kleinen Schritten die agile Umsetzung auszuführen.
Ganz nach den agilen Grundsätzen: Start where you are and act iterative and with feedback.

Um die Frameworks erfolgreich in den Unternehmen einzuführen, empfehlen wir den Beizug von erfahrenen Coaches.


Unsere Berater verfügen über langjährige Expertise in der klassischen Methoden-Anwendung für Ihre Service Management und Projekt Vorhaben. Dieses wird laufend mit der agilen Entwicklung erweitert und durch Praxis gefestigt. Unser Streben ist es, Ihnen als Kunden ein Maximum an Mehrwert durch unsere Beiträge zu bieten und Ihre Vorhaben effizient und professionell zu leiten und zu begleiten. Entsprechende Zertifizierungen unter anderem in SAFe und ITIL 4 untermauern unsere Kompetenzen.