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Multicloud – Macht das wirklich Sinn?

Die Frage ob Multicloud Sinn macht, stellt sich nur bedingt. Meist ist Multicloud bereits Realität.

von David Eberle

Head of cloud

7. März 2022

Mit diesem Blog gehen wir darauf ein, was unter Multicloud zu verstehen ist, für welche Organisationen es wirklich einen Mehrwert bietet und was für eine erfolgreiche Implementation unternommen werden muss. 

Was ist Multicloud?

Was verstehen wir, als atrete Cloud Consultants, unter Multicloud denn genau? Sofern Services von mehreren Cloud Providern (z.B. Microsoft Azure, Google Cloud Platform (GCP), Amazon Web Services (AWS), oder kleinere Anbieter) bezogen werden, sprechen wir von einem Multicloud-Szenario. Hierbei spielt das Deployment- (Public, Private) oder das Service-Modell (IaaS, PaaS, SaaS) keine Rolle. Wir gehen davon aus, dass sich heute fast jede Organisation – bewusst oder unbewusst – in einem Multicloud-Szenario befindet.

Wir unterscheiden hier zwischen Multicloud «Servicebezug» und «Servicebereitstellung». Im Bereich des Servicebezugs sehen wir, dass SaaS-Applikationen in der Regel ohne Probleme von beliebigen Providern bezogen werden. Im Bereich der Servicebereitstellung gehen wir davon aus, dass Applikationen zur Generierung von Eigen- oder Kundennutzen wohl auf verschiedenen Cloud-Plattformen betrieben werden könnten, dies jedoch mit viel grösseren Hürden und höherer Komplexität verbunden ist.

Wird eine Applikation effektiv in einem Multicloud-Setup bereitgestellt, sollte das Ziel sein, dass sie jederzeit basierend auf vordefinierten Trigger (Verfügbarkeit, Kosten, Location, …) voll automatisiert auf andere Provider verschoben oder umgeleitet werden kann. Eine solide Cloud-Strategie sollte die entsprechenden Rahmenbedingungen hierfür vorgeben.

Im weiteren Verlauf dieses Blogs gehen wir vertiefter auf die Aspekte der Multicloud-Servicebereitstellung von eigenen Services ein und lassen den Servicebezug für sich ruhen.

Multi-Cloud Layer Public Cloud Provider

Einsatzgebiete für Multicloud

Grundsätzlich stellt sich die Frage, warum überhaupt eine Servicebereitstellung im Multicloud-Setup gewählt werden soll. Bedingt dadurch, dass sich jede Cloud ein wenig von den anderen unterscheidet, wird die Wahl der Zielplattform(en) getrieben durch den effektiv zu implementierenden Use Case. Hier spielen längst nicht mehr nur Kostenaspekte eine Rolle. Die wohl wichtigsten Unterscheidungsmerkmale und Gründe für den Betrieb einer Applikation auf einem spezifischen Cloud Provider, liegen in den Plattform Services (Serverless-Functions, BigData-, Database-, Machine Learning-, IoT- oder AI-Services).

  • So kann es zum Beispiel Gründe geben, einen BigData Analytics UseCase auf AWS, oder einen IoT UseCase auf Azure aufzubauen, da spezifische Stärken, oder eine optimale Integration eines Cloud Providers genutzt werden möchten.

Wird also in der Applikationsentwicklung ein spezifischer Service eines Providers integriert, z.B. eine Serverless Database von AWS (Amazon Aurora) steht bei einem anderen Provider wohl ein Pendant (z.B. Azure SQL Managed Instance) zur Verfügung, welche sich jedoch nicht über die gleichen API Calls ansteuern lässt. Bei einer Portierung einer Applikation auf einen anderen Provider müssen somit signifikante Anpassungen durchgeführt werden. Die Platform Services sind somit auch einschränkendes Element in der Implementierung einer Multicloud-Architektur.

Um eine Applikation also effektiv im providerunabhängigen Multicloud-Setup betreiben zu können (horizontal von Provider zu Provider verschiebbar), gilt es diese infrastrukturunabhängig zu entwickeln.

  • Ein exemplarischer Use Case hierfür ist z.B. ein stateless Web Frontend für kundenseitig eingesetzte Webauftritte. Erreichbar ist dies mit Container-Technologien wie z.B. Docker und Kubernetes.

Vor- und Nachteile

Mit der Implementierung von Multcloud-Szenarien entstehen Vorteile und natürlich auch Nachteile. Exemplarisch wollen wir hier ein paar davon auflisten:

Pros

  • Best of Breed – Stärken der Anbieter effektiv nutzen
  • Vendor Lock-in vermeiden – geringere Abhängigkeit von einzelnem Provider
  • Global-Reach – Erweiterung der Availability-Zones und gleichzeitige Reduktion der Latencies
  • High Availability Design – Redundanzen über mehrere Provider aufbauen
  • Compliance – Erreichen von internen & externen Vorgaben

Cons

  • Traffic-Kosten – Transfer von einem Provider zum anderen verursacht Kosten (egress Traffic)
  • Verlust der Integrationsvorteile – Einschränkungen in den Plattform Services der Provider (PaaS)
  • Erhöhung der Komplexität auf mehreren Ebenen (Architektur, Service Management, Provider Management, …)
  • Skillset der Mitarbeiter muss auf allen Providern vorhanden sein, was hohe Kosten verursacht
  • Reduzierte Skaleneffekte (z.B. bei Billing Models) im Vergleich zu einem einzelnen Provider

Vermeintlichen Vorteilen stehen bedeutende Nachteile gegenüber. Jede Organisation muss die für sich relevanten Themenbereiche analysieren und beurteilen. Ein allfälliges Multicloud-Szenario gilt es evolutionär zu entwickeln und die Rahmenbedingungen sind in Perfektion zu managen. Nur so können anvisierte Mehrwerte auch tatsächlich erreicht werden. Im nächsten Abschnitt gehen wir detaillierter darauf ein.

Rahmenbedingungen

In den nächsten Abschnitten thematisieren wir die wichtigsten Rahmenbedingungen. Grundsätzlich gelten sie auch in einem Singlecloud-Ansatz, müssen im Multicloud-Szenario jedoch in operativer Exzellenz gemanagt werden.

«Infrastructure as Code» (IaC) und somit die vollständig codebasierte Konfiguration sämtlicher Ressourcen ist ein Schlüsselelement sämtlicher Cloud-Vorhaben. Nur so können die Qualität in wiederkehrenden Tätigkeiten sichergestellt und Infrastrukturen vollständig automatisiert bereitgestellt und wieder abgebaut werden. Für die Digitalisierung ist die Automatisierung somit ein Schlüsselelement, um Ressourcen schnell und qualitativ hochstehend anhand der Kundenbedürfnisse auf den jeweiligen Plattformen bereitstellen zu können.

Um die Serviceerbringung über mehrere Provider hinweg sicherstellen zu können, gilt es ein performantes und sicheres «Multicloud-Netzwerk» zu betreiben. Die nahtlose Kommunikation zwischen allen verwendeten Services und Ressourcen gilt es dabei über alle involvierten Provider zu ermöglichen und entsprechend zu steuern.

Die daraus resultierenden potenziellen Einfallstore für Hacker oder Schadsoftware müssen analysiert und mittels entsprechenden «Security Solutions» bestmöglich reduziert werden.

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Cloud Security Monitoring

Ergänzende Informationen zu diesem Thema finden Sie in unserem dedizierten Blog-Beitrag.

Mittels «Cloud Management Plattformen» (CMPs) lassen sich die Cloud-Umgebungen (Infrastrukturen & Services) überwachen und steuern. Sie bieten den Überblick und die Kontrolle über Orchestrierung, Security, Monitoring, anfallende Kosten und Optimierungsmöglichkeiten, so dass das volle Potential genutzt und die Infrastrukturen effizient betrieben werden können.

Im Multicloud-Szenario ist ein schlagkräftiges und hoch qualifiziertes Team mit entsprechendem «Knowhow/Skillset» über alle Provider und die eingesetzten Technologien essenzieller denn je. Die Komplexität mit mehreren Providern steigt bedeutend und die sich stetig verändernden Services müssen proaktiv und mit hoher Qualität gemangt werden.

Als letzte und mitunter wichtigste Rahmenbedingung sehen wir die «Standardisierung». Da im Multicloud-Setup ja grundsätzlich eine Applikation nicht nur auf einer Providerplattform lauffähig sein muss, sondern auch auf allen anderen potenziellen Plattformen, müssen alle Servicebausteine so standardisiert und abstrahiert sein, dass sie überall betreibbar sind. In anderen Worten, spezifische PaaS-Services einzelner Provider können nicht verwendet werden, da sonst die Portabilität nicht sichergestellt ist. Eine Lösung hierfür ist sicher, dass die Applikationen containerbasiert aufgebaut werden, so dass die direkte Abhängigkeit unterliegender Infrastrukturservices weitgehendst reduziert ist. Weiter können Lösungen implementiert werden, um die Konnektivität und die Infrastruktur-Interoperabilität über die Cloud Provider hinweg sicherzustellen.

Hier ein exemplarischer Auszug von Anbieter/Lösungen für Multicloud-Vorhaben:

KubernetesOpen-Source-System zur Automatisierung der Bereitstellung, Skalierung und Verwaltung von containerisierten Anwendungen.
HashiCorpMulticloud-Automatisierungslösungen für Infrastruktur, Security, Netzwerk und Applikationen.
VMwareMulticloud-Virtualisierungs-Layer vergleichbar mit den OnPremise Software Defined Datacenter Lösungen.
AviatrixMulticloud Netzwerk- und Netzwerk-Security Automatisierungslösungen

Multiprovider Sourcing

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Erfolgsfaktoren für Multiprovider Sourcing

Nebst allen technischen Aspekten zu Multicloud ist es zudem ausserordentlich wichtig, das vertragliche Management aller involvierten Provider im Griff zu haben.

Unsere Einschätzung

Als atrete Cloud Consultants sehen wir, dass sich mittelfristig die meisten KMU für die Servicebereitstellung auf einen einzigen Cloud Anbieter fokussieren sollten. Die operative Excellenz auf den essenziellen Disziplinen kann so am schnellsten erreicht werden. Hier sehen wir als wesentlichste Elemente, dass konsequent auf höchste Verfügbarkeit, skalierende Infrastrukturen und eine volle Automatisierung (Infrastructure as Code) aller Ressourcen gesetzt wird. Sind die «Hausaufgaben» gemacht und besteht ein effektiver Bedarf / Use Case für eine Multicloud-Implementation, gilt es die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Wir gehen davon aus, dass es höchstens für kundenseitige Kernprozesse einer Firma sinnvoll ist, diese in einem Multicloud-Setup zu betreiben. Die resultierenden Einschränkungen in der Servicebereitstellung über mehrere Cloud Provider überwiegen in den meisten anderen Fällen. Demnach macht es mehr Sinn, bei allen Applikationen, welche nicht explizit eine Multicloud-Bereitstellung erfordern, innerhalb des Ökosystems eines Providers zu bleiben und das volle Potential der zur Verfügung stehenden Services (PaaS & SaaS) auszunutzen. So gelingt es, die Cloud-Infrastrukturen kosteneffizient zu betreiben.


Unsere langjährige Erfahrung in den essenziellen Disziplinen setzen wir gewinnbringend für Ihre individuelle Cloud Journey ein. Mit unserer Unterstützung meistern Sie die Hot-Topics wie; Network, Organization, Identities, Availability, Governance/Compliance, Automation, Security & Cost Management.